Stolpersteine gegen das Vergessen
Schülerinnen verlasen bei öffentlicher Gedenkstunde Kurzbiografien von Opfern des Nationalsozialismus
Gedemütigt und entrechtet durch das Naziregime,
geflohen vor dem Nazi-Terror nach Kuba, Paraguay, Ecuador und in die USA, ausgewandert nach Argentinien,
deportiert in das Konzentrationslager Auschwitz ,
umgekommen in der Gaskammer,
ermordet im Konzentrationslager Theresienstadt.
Hinter jedem Gedenkstein verbirgt sich das Schicksal eines jüdischen Opfers des Nationalsozialismus in Schwandorf. Bei der würdevollen Verlegung von 17 Stolpersteinen in der Innenstadt am 24. April 2013 verlasen Schülerinnen der Mädchenrealschule St. Josef Kurzbiografien von 17 jüdischen Mitbürgern, zusammengestellt von Studiendirektor Ernst Zweck vom Carl-Friedrich-Gauß-Gymnasium, entnommen aus seinem Buch „Jüdisches Leben in Schwandorf“.
Die Stadt Schwandorf ging, wie Oberbürgermeister Helmut Hey erklärte, bewusst diesen Weg der Erinnerungskultur, zu der auch die Lektorinnen Isabel Gradl (7c), Jessica Kloiber (8c), Ela Bierler (9b), Charlotte von Breidbach (9b), Julina Moore (9b), Selina Prokosch (9b) und Vernonika Sporer (9b) mit ihrer Lesung aus den Lebensläufen der Opfer des Nazi-Regimes beitrugen. Im Rahmen einer öffentlichen Feierstunde ließ die Stadt an vier Verlegestellen auf den Gehsteigen vor den ehemaligen Wohnhäusern von vier jüdischen Familien für jedes Familienmitglied je einen Stolperstein „gegen das Vergessen“ verlegen, so Hey. Damit sich die Geschichte nicht wiederhole, müsse man für „Toleranz, Grundrechte, Demokratie und Frieden“ eintreten“.
Orte des Erinnerns
Die Miniatur-Mahnmale vor den Anwesen Friedrich-Ebert-Straße 13, Friedrich-Ebert-Straße 12, Dr.-Martin-Luther-Straße 2 und Höflinger Straße 2 erinnern symbolisch an das menschenverachtende Schicksal von 5 Personen der Familie Friedmann, 4 Personen der Familie Karl, 4 Personen der Familie Bloch sowie 4 Personen der Familie Waldmann. Damit griff die Stadt die Initiative des Kölner Künstlers Gunter Demnig auf, der die messingfarbenen Stolpersteine im Format 10 x 10 Quadratzentimeter gestaltet hatte und während der Verlesung der Lebensläufe verlegte.
„Von Trondheim bis Rom und Tasmanien/Australien“ habe er bisher ca. 40 000 Stolpersteine zum Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus öffentlich verlegt, wie der Künstler erläuterte. Die Aktion erreichte bis dato 13 europäische Länder, darunter auch 840 Kommunen in Deutschland, von denen Schwandorf nun eine der drei Oberpfälzer Städte nach Regensburg und Nabburg ist.
„Es ist gut, dass es neue Orte der Erinnerung gibt“, betonte Dekan Hans Amann beim gemeinsamen abschließenden Friedensgebet, bei dem er sich zusammen mit dem evangelischen Pfarrer Milton Jandrey und Imam Hakif Sekmen von der türkisch islamischen Kulturgemeinde Schwandorf für „Frieden und Verständigung unter den Völkern“ aussprach.
Oberbürgermeister Helmut Hey und der Pressesprecher der Stadt Schwandorf Lothar Mulzer dankten den Schülerinnen, der Schulleiterin Marlies Hoffmann sowie den Studienrätinnen Birgit Weigert und Irmgard Bink für das aktive Mittragen der Kultur des Erinnerns.
Text: Irmgard Bink
Fotos: Irmgard Bink, Pfarrer Milton Jandrey